01 – Es hat geFUNKt
Viele Lehrkräfte haben die neue Form des Team-Teaching bereits für sich entdeckt: Anstatt Lehrvorträge zu halten oder lange Lehrbuchtexte lesen zu lassen, laden sie sich einfach Promis in ihren Unterricht ein, die den Schülerinnen und Schülern komplexe Inhalte auf Augenhöhe vermitteln. Geht es um naturwissenschaftliche Fragen? Kein Problem! Die Chemikerin und Wissenschaftskommunikatorin Mai Thi Nguyen-Kim nimmt sich gerne die Zeit eine Klasse ins MaiLab zu entführen. Stehen gerade eher gesellschaftliche Probleme im Vordergrund der Debatte? Hierbei kann Leeroy Matata, der ehemalige Profispieler im Rollstuhlbasketball, geniale Anreize liefern – immerhin lebt er nach dem Motto: Leeroy will’s wissen. Aktuellen politischen Debatten hingegen fühlt Eva Schulz auf den Zahn, wenn sie mit Schülerinnen und Schülern durch Deutschland3000 reist.
Natürlich schauen Leeroy, Mai Thi oder Eva nicht wirklich persönlich im Klassenzimmer vorbei. Sie alle sind sogenannte Influencer auf Youtube, Facebook oder Instagram. Sie haben Videoformate oder Podcast-Angebote, die sich gezielt an Menschen ab vierzehn Jahren richten und beherrschen das Handwerk der Social-Media-Kommunikation perfekt. Doch unterscheiden sich ihre Angebote von denen der freien Influencerinnen und Influencer. Denn unter dem Dach des ARD und ZDF haben sie sich mit vielen weiteren Menschen im Content-Netzwerk FUNK zusammengeschlossen, um eine jüngere Zielgruppe dort abzuholen, wo sie in ihrer Lebenswelt steht. Anstatt also darauf zu hoffen, dass die ansprechenden, neuen Formate von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Programm des ARD, ZDF oder Deutschlandfunks entdeckt werden, erscheinen die Videos und Podcasts direkt dort, wo Schülerinnen und Schüler eh nahezu täglich unterwegs sind: Auf den Social-Media-Plattformen Facebook, Instagram, Youtube oder Podcast-Playern.
Natürlich sind nicht alle funk-Produktionen gleichermaßen unterrichtstauglich und die Auswahl kann den Einstieg in die Video- und Podcastwelt etwas erschweren, doch gibt das Netzwerk als wichtigen Leitsatz aller Inhalte selbst an:
Damit sollte die erste Hürde genommen sein: Angst vor Werbung im eigenen Unterricht oder hochgradig unangemessenem Inhalt braucht man nicht zu haben. Bleibt noch die gewaltige Menge an Formaten, Personen und Content. Doch auch hier kann man beruhigt an die Sache herangehen: Viele Schülerinnen und Schüler kennen bereits Kanäle von funk – ohne jedoch zu wissen, dass sie dort auf den Pfaden des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unterwegs sind. Hört man den Kindern und Jugendlichen also aufmerksam zu, stößt man schnell auf Formate von Eva Schulz und Leeroy Matata.
Für Neugierige sind hier aber neben den Inhalten von Leeroy, Eva und Mai Thi noch ein paar persönliche Formatvorschläge, mit denen es bei mir und meinen Klassen zumindest sofort geFUNKt hat:
(1) Dinge Erklärt – Kurzgesagt (Youtube-Videos)
Gleich der erste Tipp kommt ganz ohne Promis aus. Die rund zehnminütigen Videos dieses Formats nähern sich verschiedensten Alltags- und Lebensfragen auf wissenschaftlichem Wege. Von der aktuellen Debatte rund um das Cannabis-Verbot über die Frage nach der Geschichte vor der Menschheit bis zur Erklärung von schwarzen Löchern wird hier alle zwei Wochen ein komplexes Thema verständlich erklärt.
(2) Mr. Wissen2go (Youtube-Videos)
Mirko Drotschmann ist Mr. Wissen2go. In seinen viertelstündigen Videos nimmt er sich jeweils ein aktuelles, geschichtliches oder allgemeinpolitisches Thema vor. Dazu nutzt er häufig kreative und vielseitige Darstellungsformen, um sich beispielsweise dem Ukraine-Russland-Konflikt, dem Waldsterben (aus politischer Sicht!) oder den Hintergründen zu Schnelllieferdiensten zu widmen. Ein Muss im Jahr 2021 waren auch seine Videos zu den Parteiprogrammen vor der Bundestagswahl
(3) Kanackische Welle (Podcast)
Hinter dem plumpen Titel dieses Podcasts stehen zwei Journalisten mit Migrationshintergrund: Malcom Ohanwe und Marcel Aburakia sprechen zweimal monatlich über ein Thema aus migrantischer Perspektive. Es geht beispielsweise um Bereiche wie Religion, Sport, Sexualität oder Umgang mit rassistischen Erfahrungen. Man merkt jedem Gespräch an, wie viel Liebe und Recherche darin steckt. Dennoch wirken die beiden Hosts locker und entspannt, streiten und scherzen miteinander.
Autor:
Philipp Reinhardt